Lyrischer Kannibalismus

Das Papier nimmt die Farbe nur mürrisch an und der Kopf gibt sein Wissen nur nach langem betteln und dann auch nur zähfließend wie Honig Preis. Man kann aber nicht vom Teufelskreis oder der so genannten beziehungsweise so verhassten Schreibblockade sprechen, denn es herrscht eher das Gefühl vor, dass da nichts ist worüber es sich zu schreiben lohnt.
Hinzu kommen die Zweifel. Gut genug? Interessant genug? Verständlich genug? Genug genug?

Es ist als gäbe es nur einen einzigen monotonen Kanal im Telemedialen Bereich, was dem Verdummungseffekt einen nie geahnten Wirkungsgrad verleiht.
Eine um sich selbst rotierende Gedankenwüste. Jedes Sandkorn eine Idee, doch es gelingt nicht sie festzuhalten und nur schwer sie zu fokussieren. Und gerade als sich ein grobes unscharfes und wirres Bild ergibt, kommt der Sandsturm und wirbelt wieder alles durcheinander. Zurückgeworfen. Am Nullpunkt. Neuanfang.

Und so wandert der Stift über das in der Not gesuchte Stück Kästchenpapier und hält den Moment fest nur um festzustellen, dass es keinesfalls einer dieser Momente ist den es lohnt festzuhalten.
Etwa um ihn von allen Seiten zu beleuchten, mit chirurgischer Präzision in seine Einzelteile zu zerpflücken um die schönsten, glänzendsten und scharfkantigsten Splitter dem Leser/der Leserin in Augen, Kopf und Brust zu pflanzenum die eigene Vollkommenheit aufzuzeigen. Um zu faszinieren und zu fesseln.
Doch der Moment ist langweilig, stupide und nicht erwähnenswert, weshalb die Wortakrobatik sich selbst auf eine neue Stufe heben muss um den Anschein zu erwecken:

„ICH BIN WICHTIG!“

Und so ähnelt sie dem oder den Menschen die sie sich zu eigen machen um etwas zum Ausdruck zu bringen, dass so wichtig eigentlich garnicht sein kann. Kein Gerede um den heißen Brei sondern ein Tauchgang in seinen undurchsichtigen Tiefen.
Ein Schaffenswerk über eine erschaffene Situation um ein Schaffenswerk rechtfertigen zu können auf der einen Seite,
ein sich profilierender Mensch der seine Existenz zu rechtfertigen versucht, auf der Anderen.

Und so nagt man an sich selbst, wenn auch nur geistig und das niedergeschriebene wird zum Kannibalismus an der eigenen Seele. So zumindest ist der Standpunkt des lyrischen Ichs.
Und wie so oft steht das „Wir“ für „Ich“, doch das „Ich“ nicht für „Wir“…..

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