Zeit

Da steht sie nun. Allgegenwärtig, immer Hand in Hand mit ihren Geschwistern Stress und Langeweile.
Bewaffnet mit einem Zahn der Wunden reißen und den Ruhenden durch Stichelei in Unruhe versetzen kann.
Und gerüstet mit dem Sand. Der Sand der das Auge beinahe blind für das persönlich wichtige macht, der selbst digitale Uhrwerke verstopfen kann und den oder die Betroffenen zermürbt.

In Gesellschaft stellt sie die Uhren vor, in trister Einsamkeit hält sie die Zeiger in ihren knöchernen Händen und hemmt sie in der Bewegung. Durchaus nützlich für Koordination, Planung und Ordnung.
Und doch ein Fluch der so lange quält bis die eigene kleine Existenz sämtlicher Kraft beraubt zusammenbricht und wimmernd im Dreck liegen bleibt.
Vom ersten Schrei nach Luft bis zum letzten röchelnden Atemzug ist sie ewiger Wegbegleiter, schlimmster Feind und engster Waffenbruder. Das Balsam für die Seele deren Wunden sie in heimtückischer Manier eigenhändig gerissen hat.
Sie ist im Besitz einer schier unbegrenzten Palette von farbenfrohen und aufreizenden Kostümierungen in denen sie sich gerne präsentiert und doch ist sie unverkennbar, unverwechselbar in ihrer Art und Weise.

Und schon wieder spüre ich den heißen stinkenden Atem im Nacken. Den Sand, der langsam den schweißnassen Rücken herunterrieselt und den spitzen Zahn der einen so unangenehmen Druck auf den Rücken ausübt, dass ich im wahrsten Sinne aufgestachelt den trägen Körper erhebe und weiter laufe.

Immer weiter, geradeaus, bis zum letzten erdrückenden Moment in dem der Blick sich in unbestimmten Weiten verliert und der Geist, gelöst von der schweren Fessel, seinen eigenen Weg geht.

Schreib einen Kommentar